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Ohne Dürckheim würde es Daishin-Zen heute so nicht geben.

Teisho - Zen-Meister Hinnerk Polenski

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Im Wintermorgenschnee - mit dem ersten Hahnenschrei bin ich aufgewacht.

Graf Dürckheim antwortete einmal auf die Frage, was denn nach dem Tod sei: „Das Leben geht weiter.“

Damals war er schon weit in den Neunzigern.

Wir sind heute hier auf diesem wunderbaren Sesshin im Hannya-Kai Haus. Hannya heißt Weisheit so wie im Hannyashingyo - Sutra der großen Herzweisheit. Kai heißt Schule, Gemeinschaft. Es ist eine große Freude für uns vom Daishin-Zen, hier Gast zu sein. Besonders auch deshalb, weil die Wurzeln dieses wunderbaren Ortes zurückgehen auf Graf Dürckheim, dem ersten Zenmeister in Deutschland. Dürckheim war im Grunde genommen ein Mystiker. Er war in keiner Form streng, verbunden - er war offen. So entstand auch die wunderbare Freundschaft zu Suzuki und zu Pater Enomiya Lasalle.

Dürckheim wie auch Lasalle hab ich selber noch erleben dürfen – ein Jahr lang war ich Schüler bei Dürckheim, das war kurz vor seinem Lebensende. 1986 war ich das erste Mal in Todtmoos-Rütte, und es war eine gewaltige Begegnung. Ohne Dürckheim wäre das Daishin-Zen in dieser Form nicht denkbar, weil er das Selbstbewusstsein, einen europäischen Zen-Weg zu gehen, überhaupt eingepflanzt hat.

Es sind die 3 Grundlinien: Zen für Führungskräfte/Verantwortungsträger, traditionelles Zen, Zen und Heilkunst - der weibliche Weg, die ebenfalls hier Wurzeln haben. Als Professor der Psychologie war er der Begründer der transpersonalen Psychologie, die in Deutschland sehr, sehr viel verändert hat. Gleichzeitig war er auch umstritten wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit. Soweit ich weiß, hatte er eine jüdische Großmutter, und als er unter Ribbentrop gearbeitet hat im Außenministerium, musste er deshalb gehen - er wurde sozusagen gefeuert Er ist dann zu Ribbentrop gegangen und hat gesagt: „ Sie können mich nicht einfach rausschmeissen!“ Und Ribbentrop hat gesagt: „Was wollen Sie?“ und dann sagte er „Ich will nach Japan.“ Dort war er dann, soweit ich weiß, als Attaché tätig. Der Hintergrund dazu war, dass er direkt nach dem ersten Weltkrieg - noch in der Pflicht als preußischer adliger Offizier - dann einen großen Bruch tat, nämlich das Erbe des Vaters ablehnte und auch die gesamte Tradition und Verpflichtung. Ein Kensho um 1920 herum war dann der Anfang.

„100 Speichen machen das Rad, doch die Essenz ist die Leere.“

Ein Satz aus dem Tao te King brachte ihm diese tiefe Einsicht, so erzählte er mir. Er gründete damals am Anfang der 20er Jahre die erste Zen-Gruppe, die sich „Quadrat“ nannte, wo damals seine spätere Frau (damals noch mit einem Freund verheiratet), Maria Hippius, auch Mitglied war.

Nach seiner Gefangenschaft in Japan durch die Amerikaner kehrte er zurück und gründete Todtmoos-Rütte.

Das sind die Hintergründe.

Die Größe seines Wesens bestand darin, Menschen zu berühren, ihnen eine Idee für das Numinose zu geben – um es in seiner Sprache zu sagen: Transparent zu werden für die immanente Transzendenz. Er sah den Menschen in einer Herausforderung zwischen zwei Welten: Einmal der großen Welt des Ewigen – auf der anderen Seite der Alltag - und kein Weg, den ich kenne, bringt diese beiden Punkte so gut zusammen wie das alte Rinzai-Zen, da zurück geht auf Meister Lin Chi. Das Daishin-Zen, das in den Neunziger-Jahren entstand, fügte diesen Elementen noch den Aspekt des Herzens hinzu. Koko - Herz.

Und die Betonung des weiblichen Aspektes gegenüber einer zu patriarchalischen, männlichen Haltung, Auch hier war Dürckheim wichtig - ja, eigentlich mehr seine Frau. Sie sagte mir bei meinem zweiten Besuch „Wenn die Welt, wenn die Religionen Mann-männlich werden, stirbt die Welt.“

Das besondere war sein Hinweis, außerhalb der Religionen diese immanente Transzendenz zu suchen, zu spüren, und er nannte dies das Tremendium. Er hatte eine sehr eigene Sprache, denn er ist ja noch im vor-vorigen Jahrhundert geboren – mich hatte das sehr angerührt. Und er sagte, dass der Mensch durchaus ohne einen Übungsweg erstmal in dieses Tremendium, in diese Berührung, dieses Numinosum, hineintreten kann, und er nannte vier Beispiele: das eine war die große Natur, das andere das erotische Liebeserlebnis, dann die Kunst als drittes, und das vierte der Kult.

Er kritisierte schon in seiner Zeit die Oberflächlichkeit der zwischenmenschlichen Beziehung und deutete auf Tiefe, auf Begegnung und Hingabe, durchaus aber verbunden mit einer starken Sinnlichkeit, einer Ekstase, in der der Mensch sich für einen Moment vergisst und dann vielleicht dem anderen begegnet. Die Oberflächlichkeit lässt dieses nicht zu.

Ebenso war die Kunst für ihn eine Möglichkeit, für den Menschen eine Möglichkeit, für einen Moment angesprochen zu werden - vielleicht eine Bach-Kantate in einer Kathedrale – vielleicht ein Stück von Gustav-Mahler, ein Gedicht von Hölderlin, ein Vers von Nietzsche, ein Bild von Friedrich - Jeder hat einen anderen Punkt. Auch in der Modernen Musik, ja in der Popmusik gibt es durchaus dann Glanzstücke, oft sind es Liebeslieder, die aus einer tiefen Emotion kommen, wo der Mensch über sich hinaus geht, ein Stück eine Gänsehaut erzeugt und für einen Moment uns auch in etwas anderes hinein bringt. Die alte Klassik hat für mich immer eine Ausrichtung auf das Ewige gehabt – das große Problem der modernen Musik. Auch hier ist die Oberflächlichkeit, die in dieser Masse und Menge nur wenige Momente noch aufleuchten lässt.

Das Besondere aber war der vierte Aspekt: Die große Natur. Als ich das letzte Mal bei ihm war – wir hatten ein längeres Gespräch geführt, das war ganz großartig, ja man kann geradezu sagen bezaubernd - und er sprach von sich und seinem Moment angesichts des Todes. Da sagte er zum Schluss zu mir: „Gehen Sie mal in den Wald.“ Und ich ging in den Wald und alles verwandelte sich. Der Wald und ich. Es war eine andere Welt. Es war eine Vorwegnahme eines Punktes, der für mich damals unfassbar war. Er war ein unglaublicher Pfeiler, der Festigkeit bildete, um dann später endgültig den Mut, die Kraft und die Verzweiflung zusammen zu fassen, um Freiheit zu öffnen. Herz. Weisheit.

So ein Phänomen habe ich bei anderen Zen-Meistern – und ich bin vielen wunderbaren, großartigen begegnet - nie wieder erlebt. Ich glaube, das war seine Stärke, dass er in den Menschen etwas aufleuchten lassen konnte, was das innere Wesen, der innere Weg und auch die Bestimmung dieses Menschen war, nämlich die Möglichkeit, die er in diesem Leben auch erreichen kann.

Umso schöner ist es hier an diesem Ort zu sein, der noch einen Hauch aus dieser Zeit widerspiegelt. In dieser Zendo, in der ein Amida-Schrein ist - Amida das Symbol für Herz: Maitri – Güte wie ein Sonnenmeer; Karuna, Liebe wie eine Mutter zu ihrem Kind; Mudita – Freude wie die Frühlingssonne; Upekha – Gelassenheit wie ein stiller, weiter Ozean.

Hannya heißt Weisheit. Weisheit beginnt dort, wo wir über uns hinausgehen. Dürckheim nannte es das Transpersonale. Das erste transpersonale Erlebnis, das jeder Mensch erlebt, das ist die Liebe. Auf einmal ist da mehr als wir, und es ist ein großes Erbe, das jeder Mensch von uns in sich trägt – das eben mehr ist als das, was wir meist daraus machen. Es ist ein Weg. Es ist ein Hinweis auf unser menschliches Erbe. Über uns hinaus die Erfahrung von Geist, der nicht nur ich, sondern alles ist. Der ein Geist ist, der nicht bezeichnet, in Teile geteilt – sondern nichts von allem ist.

Siddhamatra - Alles ist reiner Geist. Und in diesem Geist sind alle verstorbenen Meister und Meisterinnen, die Buddhas und Heiligen - unabhängig von Konfessionen - präsent und unterstützen uns. Deshalb sind solche Orte wie dieser so wichtig.

Lasst uns gemeinsam aufbrechen, indem wir anhalten.

Sitzen in Kraft und Stille.

Hai!

 

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