Der Weg des Zen und die Dhyani-Buddhas
Reise nach Kathmandu/Nepal - von Zen-Meister Hinnerk Polenski
Buchenberg ist nicht nur ein Zenkloster und Seminarzentrum, sondern gleichzeitig auch ein Zentrum für Spiritualität, in dem auch zwei andere große Linien Raum finden sollen: Zum einen Yoga, das für das Daishin-Zen in besonderer Weise wichtig ist, und zum anderen die Linie des Vajrayana, aus der Tradition der japanischen Shingon und Tendai Schulen und des tibetischen Tantrrayana.
Der traditionelle Zen-Weg kommt ohne Buddhas aus und lehrt, Gefühle und Gedanken zu durchschneiden zur großen Freiheit hin. Der Weg der Dhyani-Buddhas hat den Vorteil, dass er sehr leicht zu erlernen ist und den Hindernissen und Gefühlsverstrickungen der westlichen Menschen Rechnung prägt und sie heilt. Auch Schüler, die noch nicht so weit fortgeschritten sind, können so relativ schnell heilsame und transformierende Erfahrungen machen.
Anfang der neunziger Jahre beeindruckte mich die Initiation durch meinen Lehrer Reiko Mukai Osho in die Dhyani-Buddha-Mantren. Später erfuihr ich, dass es durch seine Frau Aimi eine Verbindung zum Shingon-Buddhismus gab. Dieser erst kleine Einfluss führte mich mehr und mehr in die Richtung der Dhyani-Buddhas - zu einem Besuch auf dem Hiei-zan Berg im Enryaku-Kloster, zu Begegnungen mit dem Tendai und Shingon, aber mehr und mehr auch mit Vajrayana-Meistern. So entstand eine immer tiefere Integration dieses Wissens in das Daishin Zen.
Im Sommer 2014 besuchte mich Sangngak Tenzin Rinpoche, der ursprünglich aus Tibet kommt, in Deutschland. Er lebt mit seiner Frau Khadro Jigme Wangmo und drei Söhnen in Kathmandu und leitet dort ein kleines buddistisches Zentrum. Wir spürten beide sofort, dass wir Herzensbrüder sind. Spontan entstand zwischen uns eine schöne, kraftvolle Verbindung. Er verfügt über ein außergewöhnlich tiefes Wissen. Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen uns und große Unterschiede. Gerade die Unterschiede sind für meine Schüler interessant und anregend. Wir haben uns verbündet und entschieden, einen gemeinsamen Weg zu gehen und uns auszutauschen. Als Vertreter des Ningmapa und der Lehre des Dzogchen ist er sehr nahe am Zen.
Im April folgte ich Rinpoches Einladung nach Kathmandu. Er hatte mir Hilfe angeboten, um fünf geeignete Dhyani-Buddha-Statuen für die geplante Buddhahalle in Buchenberg auszusuchen und eine große Thangka, ein großes Bild, auf dem die verschiedenen Attribute der fünf Dhyani-Buddhas als Gemälde dargestellt sind.
Begegnungen in Kathmandu vor dem Erdbeben
Gleich nach meiner Ankunft wurde mir klar, dass ich sehr romantische Vorstellungen von Kathmandu hatte, in meiner Vorstellung hatte ich es mit der Stille japanischer Tempel verbunden. Tatsächlich ist Kathmandu eine überbevölkerte Stadt,in der man sich als Europäer nur mit Atemschutzmaske bewegen sollte, weil der Smog von Autos, Feuern und dem Szaub der ungeteerten Straßen so dicht ist. Vor allem vor der Monsunzeit ist der Staub unerträglich.
Rinpoche führte mich durch die Straßen, in Teehäuser und Restaurants, nach Patan der Stadt der Bildhauer, in Läden mit Stoffen für Tanghkas und zu Stupas und Tempeln, unter anderem zur Bauda-Stupa.
Der Geschmack der Freiheit
Im Tempel der 1.800 Buddhas haben wir gemeinsam eine Vairocana- Inititiation gemacht und den Buddha der vollkommenen Freiheit zum Leuchten gebracht, jeder von uns auf seine Weise.
Vairocana ist der höchste Buddha und der Buddha der Freiheit in mir. Er öffnet die Tür zur Überwindung und Auflösung von Verblendung, seine Essenz ist reines, gleißendes Licht.
Akshobhya ist der Buddha des Friedens in mir, er löst Aggression, Zerstörung, Krieg, Hass, Trennung und Diskriminierung auf und gleichzeitig alle Formen von Autoaggression.
Amida ist der Buddha der Liebe, ein unendliches Meer von Freude, Liebe und Gelassenheit. Pures rotgoldenes Licht wie ein Sonnenaufgang
Ratnasambhava, der Buddha der Fülle und Vollständigkeit löst das Gefühl, unvollständig oder nicht angekommen zu sein auf und transformiert es in das Gefühl, zu Hause zu sein, egal wo ich bin.
Amoghasiddhi ist der Buddha der Furchtlosigkeit. Er löst alle Formen von Ängsten in Mut und angemessenes Handeln auf. Seine Farbe ist grün, sein Element isdt Luft - wie ein sonniger Frühlingswald, durch den eine sanfte Brise weht.
Rinpoche empfahl mir, Buddhas auszusuchen, die von der Farbe und Ausstrahlung her zum Zen passen. Die Buddhas, die ich erworben habe und die jetzt auf dem Weg nach Deutschland sind, sind aus dunklem Metall.
Die Suche nach der weiblichen Kraft
Seit Jahrzehnten treibt mich die Suche nach der Essenz weiblicher Energie an. Mich interessiert nicht nur die sanfte, weibliche Yin-Energie von Liebe und Güte, sondern vor allem auch der machtvolle Aspekt von Weiblichkeit, der durch die letzten Jahrtausende zum großen Teil verloren gegangen ist. Diesen Aspekt zu erforschen, war mir ein großes Anliegen. Diese Suche führt mich immer wieder nach Asien, auf jeder Reise finde ich einen weiteren Mosaikstein, in Kathmandu war der größte Mosaikstein der Rinpoche selbst und die Art, wie er die Essenz von Amida lehrt. Rinpoche hat mich in die vollständige Kraft des Buddha Amida eingeweiht und auch den machtvollen Aspekt geöffnet.
Das große Amida Monument in der Mitte drückt diesen machtvollen Aspekt aus. Dieser Amida steht nicht nur für Glück und Herzöffnung, er verkörpert auch die weibliche Kraft.
Drei Tage nach meiner Rückkehr nach Deutschland bebte die Erde in Nepal. Mindestens 7.000 Menschen sind gestorben. Zahlreiche historische Stätten und Tempelanlagen sind zerstört. Es ist eine Tragödie. Ursprünglich wollte Rinpoche in diesem Sommer nach Deutschland kommen. Nach dieser Katastrophe ist das natürlich nicht möglich. Gemeinsam mit seiner Frau ist er unermüdlich damit beschäftigt, Verletzte zu versorgen, Trinkwasser zu organisieren, Menschen zu trösten und für die Opfer zu beten. Ich bitte Euch, seinem Spendenaufruf zu folgen.
25.05.2015
Der Weg des Zen und die Dhyani-Buddhas