Cookie Consent by Privacy Policies Generator website Einstellungen ändern

Authentisches Zen: Oi Saidan Memorial Dai Sesshin im Zen Kloster Buchenberg

Authentisches Zen: Oi Saidan Memorial Dai Sesshin im Zen Kloster Buchenberg
 

Seit 1999 gibt es im Daishin Zen Sesshins – das bedeutet eine Woche intensives Sitzen, früh aufstehen – sehr dicht am Sesshin-Ablauf im japanischen Hokoji-Zen-Kloster. Es gab in diesen Sesshins aber immer auch Raum und Kompromisse, die dem westlichen Geist entgegenkommen; und das soll auch so bleiben, weil diese Sesshin in erster Linie auf tiefes Samadhi, tiefe Versenkung, ausgerichtet sind.

Zum ersten Mal haben wir jetzt im September ein Original-Sesshin, wie es unter Oi Saidan Roshi im Hokoji-Kloster stattfand, eins zu eins übernommen und durchgeführt. Wir nennen es das „Oi Saidan Memorial Dai Sesshin“. Das war eine große Freude und ein sehr intensives Sesshin. Hier ging es in erster Linie darum, dass wir in eine Breite gehen und nicht nur in Samadhi: „Kenkon daichi ichiji ni roshutsu su“ – Das Universum und die große Erde sind miteinander aufgedeckt.

Wenn wir die Leere in der Leere suchen, ist es die Essenz, aber nie von Dauer für uns Menschen – und darum geht es in solchen strengen Sesshins: Dass die Erfahrung sofort in Körper-Geist hineinfließt – daher die Strenge, diese hohe Disziplin. Deshalb haben wir uns mit der Vorbereitung auch so viel Zeit gelassen, dies so eins zu eins zu übertragen. Jetzt haben wir es gewagt, und wir haben gewonnen, es war großartig und eine große Freude.

Es wird ab nächstes Jahr drei Stränge von Sesshins geben: Zwei im Rohatsu-Stil, zwei im Dai Sesshin Stil wie dies Oi Saidan Memorial Dai Sesshin, und ungefähr sechs weitere im bekannten Daishin Zen Stil. (Und nur diese letzten sind auch offen für Einsteiger).

 

Bericht einer Teilnehmerin

Oisadan-Dai-Sesshin: ein kraftvolles Sesshin nach dem Vorbild des Hoko-ji

Authentisches Zen: Oi Saidan Memorial Dai Sesshin im Zen Kloster Buchenberg
Die Dachlandschaft des Hokoji Zen-Klosters bei Hamamatsu
 

Vom 27.09. – 04.10.2019 fand das erste Sesshin exakt nach dem Vorbild des japanischen Hoko-ji Klosters statt. Die Teilnahme war nur nach einer erfolgreichen Bewerbung möglich, körperliche Fitness und geistige Stabilität waren Voraussetzung um das anspruchsvolle Programm mit unglaublicher Kraft und Disziplin sowie Fokusierung und gleichzeitig in einem großen, weiten Herzfeld des Zen-Meisters zu durchleben.

Nach einer kurzen Begrüßung und Einteilung in die verschiedenen Aufgaben begann das Sesshin mit Zazen noch vor dem Abendessen. Den sehr klaren und strengen Anweisungen des Jiku wird unter konsequenter Wahrung der Form und mit Schnelligkeit Folge geleistet, im Laufschritt geht es zum Essen oder von der Zendo zur Hondo und zurück. Der erste Abend endet mit einer Runde Yasa bereits um 22.00 Uhr. Ich hatte den Eindruck, die Woche ist, auch bei körperlich deutlich höherer Anforderung gegenüber einem üblichen traditionellen Sesshin, zu meistern. Es sollte jedoch noch anstrengender werden.

Am zweiten Tag – Samstag – wecken im japanischen Stil: um 3.25 Uhr rennt ein Mönch mit einer Glocke durch alle Gänge. Laut rufend werden alle aus dem Schlaf gerissen. Pünktlich um 3.40 Uhr sind alle in der Zendo. Minutengenau werden die Runden exakt eingeläutet, es bleiben nur noch drei Minuten zwischen den einzelnen Runden, Zazen und Sarei, alles immer in einer perfekten Form. Dem Jiku entgeht kein Fehler, mit einer kurzen, klaren Anweisung wird das Abstellen der Teetassen auch mehrfach geübt, bis es dem prüfenden Auge des Jiku genügt und die Welle harmonisch verläuft. Selbstverständlich wird die Teezeremonie im Seiza (Kniesitz) durchgeführt. Im Laufschritt, der ab dem dritten Tag in Joggen übergeht, wird in die Hondo geeilt. Jede Bewegung wird zum Kinhin, in strengem, gleichmäßigem Schritt werden so am Dienstag mehr als 12 km zurückgelegt.

Es ist in den ersten Tagen noch angenehm warm, sodass man nicht immer eine Jacke überziehen muss, was bei dem Tempo und Drängeln im Vorraum der Zendo zur Verzögerung führt und gleich mit einem entsprechenden Kommando: „schnell, schnell“ quittiert wird. Für einige ist es einfacher, selbst bei Regen barfuß über die Terrasse zu rennen, es spart Zeit beim lästigen An- und Ausziehen der Schuhe. In der Hondo ist es relativ kühl, der Tatamiboden hart und kratzig. Es gibt keine Matten, auch wenn die Rezitation eigentlich im Seiza erfolgt, werden Bänkchen und Sitzkissen genehmigt. 30 Minuten Banka (Rezitation), kraftvoll im Hara im japanische Stil mit großer Trommel, Klangschale und Mokugyo. Auch hier wird geübt, solange, bis Aussprache und Tempo dem Jokei angemessen erscheinen. Mit der Zeit werde ich bei der Rezitation eins mit den Lauten, der Boden bebt durch die kraftvollen Schläge der Trommel, das Mokugyo gibt unnachgiebig den Takt vor und die Glockentöne der Klangschale führen am Ende wieder in die Stille. Diese lässt sich jedoch nicht lange genießen; schnell, nach einer kurzen Verbeugung geht es wieder im Eiltempo zurück in die Zendo.

Um 6.00 Uhr Dokusan, dann Frühstück und zwischen 8.00 und 9.00 Uhr Samu, die bizarre Schönheit von Moos wird beim Unkrautjäten in vollständiger Stille und innerer Ruhe erfahrbar. Danach entspanntes Teetrinken in der Lobby, Kontemplation und Schweigen. Dann weiter im Vormittagssesshin mit Zazen und Dokusan sowie einer sportlichen Übung. Nach dem Mittagessen und Abendessen bleibt jeweils eine Stunde zur freien Verfügung, diese Zeiten verkürzen sich jedoch durch die verschiedenen Aufgaben wie Handaikan (Küchendienst) oder Spüldienst, zu denen jeder eingeteilt ist. Das Essen nach japanischer und ayuvedischer Küche wird im vorgeschrieben Eiltempo eingenommen, natürlich hatten wir immer den Jiku aufmerksam im Blick, um nicht zu verpassen, wenn er mit Essen fertig war und zur Verbeugung und Rezitation auffordert. Da das Klappern des Bestecks an den Porzellanschalen zu laut war wurde gemäß der Tradition mit Stäbchen gegessen. Der Zen-Meister und Jiku machten es vor: die Schalen wurden nach dem Essen mit Wasser ausgespült und ausgetrunken, so dass kein Rest übrig blieb, dann ordentlich gestapelt und weggeräumt. Auch kam es vor, dass das Mittagessen kurzfristig, nachdem gerade die ersten Löffel der Miso-Suppe gegessen waren, unterbrochen wurde. Schnell ging es zurück in die Zendo zu einem Teisho. Viel Zeit zum Hinterfragen solcher Unterbrechungen blieb nicht, das Ego hatte einfach bei dem Tempo und der vom Jiku konsequent und streng formulierten Anweisungen keinen Platz. Auch war diese Form, die durchaus mit einem tiefen Mitgefühl vom Jiku aufrecht erhalten wurde, immer noch leichter zu ertragen, als die für mich unnachgiebig erscheinende Präsenz des Zen-Meisters am 4. und 5. Tag abends.

Der Mittagsblock des Sesshin gestaltete sich mit Zazen, Rezitation und einer Bewegungseinheit sowie QiGong - dem Pferd - sehr angenehm, auch wurde die Belehrung des Meisters einmal bei wunderschönem Sonnenschein am Sonntag im Freien durchgeführt, auf Gartenstühlen sitzend lauschten wir den Ausführungen über die für das Daishin Zen wichtigen Koan-Werke – es war wunderbar erholsam. An den anderen Tagen wurden die Belehrungen in der Hondo abgehalten und wir erhielten umfassende Unterweisungen über die Historie des Rinzai-Zen und ihre Tradition.

Das Tagesprogramm war immer gleich im Ablauf und fordernd. Bis zum 5. Tag steigerte sich das Tempo und die Belastung sowohl für Körper als auch Geist. Am Montagabend hatte der Zen-Meister durch ein geradezu endlos erscheinendes Darshan schon alle an die Belastungsgrenze gebracht, meine Schmerzen in den Fußgelenken waren schier unerträglich, dann verließ er endlich die Zendo, um jedoch nach wenigen Sekunden – der Jiku hatte schon die Runde ausgeläutet, nur die Schläge der Takku fehlten noch – wieder in die Zendo zu kommen um das Darshan fortzusetzen. Ja – da meldete sich das Ego wieder massiv bei mir: Warum tue ich mir das an? Habe ich nicht eigentlich besseres zu tun, als den ganzen Tag auf einem Holzbänkchen zu sitzen, zu schweigen und den zynisch erscheinenden Anweisungen des Jiku zu folgen?

Wie alles geht auch das Darshan irgendwann zu Ende, es folgte Dokusan. Auch das war nicht wirklich erfolgreich für mich, ich hatte viele Antworten, keine genügte jedoch dem Meister, frustriert verließ ich den Raum. Am Dienstagabend nochmals ein unglaublich forderndes Programm, die körperliche Kondition lässt nach, der Jiku besteht jedoch unnachgiebig weiterhin auf Konzentration und die Einhaltung der Form. Er ist selbst unglaublich energiereich und kraftvoll und geht mit wehenden Fahnen im Tiefflug der Gruppe voran, das motiviert. Am Mittwochabend ist nach einem anstrengenden, steilen Aufstieg die Bergspitze endlich für mich erreicht, die Antwort trifft den Punkt, Ketten werden gesprengt und ein tiefes Gefühl von Hingabe und Gelassenheit durchströmt meinen Körper, die lang ersehnte Freiheit wird erfahren und die Worte Rinzai´s werden spürbar: „Körper und Geist sind abgefallen“. „Es gibt nichts zu erreichen“.

Dann geht es sehr schnell wieder in den Alltag zurück. Am Donnerstag beginnt das Zazen erst um 5.00 Uhr, der Jiku ist wieder in seiner bekannten Herzlichkeit und freundlichen Zuwendung, keine bissigen und fordernden Anweisungen mehr, die Strenge ist vorbei und weicht einem humorvollen Miteinander – natürlich immer unter Wahrung der Form. Die Rezitation wird trotzdem immer kraftvoller, die tiefe Freude aller, die dieses Sesshin durchstanden haben ist zu spüren. Jeder ist an die eigene Grenze gekommen, es war eine Herausforderung und großartige Energie. Für viele ist alles anders gekommen als gedacht. Nicht nur das Sitzen war anstrengend, auch Kanto und Jisha zu sein, waren eine Herausforderung.

Wir waren eins. Nicht nur Samadhi, sondern Schmerz und Überwindung, der stetige Kampf mit dem eigenen Ego, die kontinuierlich starke Energie der gesamten Gruppe sowie das donnernde Schweigen haben allen tiefe Erfahrung gebracht. Die gnadenlose Strenge des Jiku erlaubte dem Zen-Meister in unendlicher Güte und mit tiefem Mitgefühl zu handeln. Es gab immer etwas Neues, nichts war planbar, eine großartige, wunderbare Erfahrung. Auch hat Reiko Mukai Roshi noch ein Teisho über Cosmic Life (Daishin Zen) rechtzeitig am Ende des Sesshins übersandt, so dass die Tradition und die Wurzeln des Daishin Zen direkt und kraftvoll zu spüren waren.

Ich bin dankbar, dass ich an dem Oisadan-Dai-Sesshin teilnehmen durfte. Mein tiefer Respekt und großer Dank gilt neben unserem Zen-Meister insbesondere Jiku Robert und Jokei Roman sowie allen Teilnehmenden.

Gassho

Chonen