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Köstlichster Wein

Teisho - Zen-Meister Hinnerk Polenski

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Seisei sagte zu Sosan: „Seisei ist völlig verzweifelt. Kannst du ihm Unterstützung geben?“ Sosan rief: „Seisei!“ Seisei antwortet: „Ja, Herr.“ Sosan sagte: „Du hast drei Becher des besten Weins aus China ausgetrunken und du sagst immer noch, du hättest nicht einmal deine Lippen befeuchtet“.

Hakuin Zenji sagt: „Wir sind Kinder aus reichem Haus, die mitten im Wasser stehen und doch nach Wasser schreien“. Andere Zen Meister geben immer wieder den Hinweis, dass es nichts zu erreichen gibt. Dennoch strengen wir uns an und hören auch wiederum, dass ohne Sehnsucht, ohne Anstrengung, ohne Disziplin der Weg sich nicht vollenden lässt.

Wir wissen aus der Geschichte, aber auch aus der Gegenwart, dass auf der einen Seite die Menschen, die sich in Wellness-Esoterik-Beliebigkeiten bewegen, hier und dort mal entspannt im Hier und Jetzt herum wippen, zwar auf der einen Seite durchaus Erfahrungen machen können, besonders auch manchmal auf der Ebene der Erfahrung des eigenen Herzens, aber dass dies keinen Bestand hat, dass es nicht nachhaltig ist, vor allen Dingen, sich nicht angesichts der großen Weite des Lebens bewährt.

Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die die ganze Zeit nur in tiefster Anstrengung sind, in der Übung, in der Disziplin, und dennoch den Weg verfehlen. Beide Extreme gibt es heutzutage, aber beide Extreme gibt es nicht nur auf dem Weg zur großen Befreiung, sondern auch im täglichen Leben überall. In der Partnerschaft gibt es viele Menschen, die die Partnerschaft so betrachten wie die Banken das Geld. Das kommt irgendwie immer irgendwo her, dafür müssen wir nichts tun. Man war vielleicht mal verliebt, von ein, zwei, drei Monaten schöne Zeit und darauf bauen dann dreißig Jahre. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die sich im permanenten Zwang zu Gefallen befinden und sich bemühen, und beide scheitern ebenfalls am Ende.

Aber auch in der Arbeit ist dieses sichtbar und auch in der Kunst. Wenn ich ein Bild male mit einer Leichtigkeit und da ist ein kleiner Fehler und ich korrigiere diesen Fehler, dann pfriemel ich mich auf einmal fest. Ich male mich fest und das Bild ist zerstört. Bei der Zeichnung sagte Rembrandt: „Die Zeichnung ist die Kunst des Weglassens“. Aber in der Arbeit genauso: Ich habe eine Unternehmung, ich habe eine Idee, ich habe ein Projekt und ich kämpfe und kämpfe und erreiche vielleicht auch dieses Projekt, aber es ist keine Freude da. Ich strebe nach einem großen Ziel, aber irgendwie löst es sich auf dem Weg auf. Über die Menschen muss ich gar nicht reden, die natürlich ohne Anstrengung, in Massen auch in unserem Land, alles Mögliche fordern und ohne irgendetwas zu tun irgendwo hinkommen wollen und die Hand aufhalten. Auch diese scheitern.

Es geht immer um das Gleiche, nur der Unterschied zum spirituellen Weg und den Beispielen, die ich eben genannt habe, ist, dass sie … im weltlichen Bereich geht es um Ziele, die sich zwischendurch auch auflösen können. In der Partnerschaft plötzlich, der Mensch mit dem man zusammen ist sich entfremdet oder aber wir spüren, dass wir nicht genug Einsatz bringen oder das Ziel im Beruf plötzlich ein ganz anderes ist und wir etwas nachhängen, was es gar nicht mehr gibt, was gar keine Realität mehr hat. Der große Unterschied zur Spiritualität, zur großen Befreiung ist, dass es in uns selber eine unendliche Konstanz gibt, eine innere Mitte, etwas Besonderes und Großartiges. Der Mensch ist von der Sicht des Zen, von der Sicht des Daishen Zen, weder gut noch böse, er ist von Geburt aus nicht irgendwie schuldig, noch ist es so, dass Leben eine einzige Party ist, sodass man sagen kann, alleine dass man geboren wird, ist schon alles ausreichend da, sondern auch beides verfehlt wieder das Wesentliche. Schuldbewusstsein, aus dem eine mangelnde Selbstwertschätzung herauskommt ist ebenfalls ein gewaltiges Hindernis, genauso wie die Menschen, die im reinen Hedonismus leben und die Welt als Party sehen, gerade junge Menschen, und dabei ein Gefühl von Unsterblichkeit haben. Auf der einen Seite ein wunderschönes Gefühl und das soll man ihnen auch lassen, aber gleichzeitig muss man auch spüren, was Wirklichkeit ist, das Stirb und Werde.

Seisei begegnet einem großen Meister. Der sagt nicht viel, der rät nichts, keine Ratschläge, keine Lebensweisheit, er vertritt keine Ideologie, keine Religion und erzählt nicht von irgendeiner Erlösung wo man das und das tun muss und irgendwo eintreten muss, sondern er ist einfach präsent. So wie ZenMeister eben sind. Aus sich heraus. Ein Angebot des Universums.

Der Meister will nichts, er ist nichts weiter als ein Tor oder ein Spiegelbild von uns selber. Durch diese dicke Wolkendecke von unendlichen Bedingtheiten hindurch ein Weg…

Aber Seisei kann dieses nicht fassen, er geht daran vorbei. Der Meister ist nicht nur der Mensch im Sinne eines Menschen, der diesen Weg gegangen ist, sondern der Meister ist auch die große Natur, die bezaubernde Natur, die harte Natur, eben die große Natur. Der Meister ist überall vorhanden, wenn ich in eine Kirche gehe und ich höre eine Bach-Fuge und es durch und durch geht, das ist das Tremendium in mir, die Erschütterung ja auch in der Begegnung, in der Liebe zu einem anderen Menschen. Sei es in der Partnerschaft oder in der Familie. Alles dies ist der Meister. Genauso auch natürlich die Prüfung, die aber dann nur ihren Sinn hat, wenn ich gleichermaßen diese innere Mitte suche, wenn ich der Sehnsucht Raum gebe.

Alles hat irgendeine Bedeutung, irgendeinen Sinn sagen viele. Nein, das ist gar nicht so. Der Mensch gibt den Dingen einen Sinn, der Weg gibt den Dingen einen Sinn oder keinen. Es gibt schon einen Weg und es gibt auch schon ein Verfehlen. Der Mensch wird geboren mit einer unendlichen Chance. Er wird geboren mit einem unendlichen Geburtsrecht, in ihm ist der Weg zu vollkommener Freiheit. Wir irren umher, in tausenden von Dingen verstrickt, und erkennen nicht, was der Sinn des Lebens ist. Wir suchen ihn in tausend Geschichten. Entweder im materiellen Gegenüber, und am meisten oder vielleicht auch noch schlimmer in Ideologien so wie im letzten Jahrhundert oder aber in einer definierten Spiritualität, Religion genannt. Immer muss dieses unbekannte Gegenüber, das was uns anspricht, dieses Tor zur Freiheit definiert werden und irgendwann ist der Weg zu Ende.

In der Romantik gab es die blaue Blume, die undefiniert war, aber in dem Moment, wo die Romantik dieses im Mittelalter und in anderen Dingen definierte, starb sie auch schon. Aus der Romantik wurde Biedermeier.

Der Meister ist die Freiheit, die Offenheit, so wie der Schnee durch die Bäume treibt. Wir erleben es auch in der alten Geschichte von Meister Pai-Chang auf dem Reckenberg, der in vollkommener Einheit mit sich frei hier und jetzt offene Weite ist. Da kommt ein Mann vorbei und fragt: „Meister, was ist das größte Geheimnis der Welt?“ und Meister Pai-Chang antwortet: „Ich sitze hier allein mit mir selbst“. Hier geht es weiter, der Mensch spürt es, der Mann spürt es, für einen Moment ist er durchflutet, er ist diese Einheit von Meister Pai-Chang. Er verneigt sich tief, darauf schlägt der Meister ihn. Warum? Aus Güte. Weil damit der Meister sagt: „Ich bin es nicht. Du musst deinen Weg finden. Häng nicht an mir. Such deinen eigenen Gipfel. Ich bin nur ein Vorbild für einen Weg. Für deinen.“

Sosan sagt: „Du hast köstlichen Wein getrunken“. Natürlich ist Seisei verzweifelt, natürlich sind wir verzweifelt. Wir haben eine Welt und Vorstellungen und eine lange Zeit lang ging das gut. Wir lebten im Paradies in den ‘80er ‘90er Jahren und jetzt wird die große Welt erschüttert, weil eine Wandlung ansteht, eine Wandlung zum Heilsamen oder eine Wandlung zum Unheilsamen, wir wissen es noch nicht. Ihr wisst, dass ich immer sage, die Entscheidung der Geschichte zum Heilsamen, zur großen Chance sich als Gesellschaft für uns bietet oder zum Unheilsamen, liegt nicht in großen Führern, sondern in euch selbst, in jedem Menschen, der auf dieser Welt wandelt. Und jeder von euch hat tausendmal mehr Möglichkeiten als ihr glaubt. Zumal ihr nicht alleine seid. Zumal es immer mehr gibt, die das erkennen. Und deshalb wird es ein Ringen werden auf der einen Seite von einsamen Führern, die uns eine neue Ordnung geben wollen, die meist in Leiden und Untergang führt oder aber ein Erkennen der Menschen in dieser Welt, dass wir in einer wunderbaren Ordnung leben, der Demokratie, Humanismus, Menschenrechte und einem geringen Anteil von Konflikten auf dieser Welt. Pro Mensch ist das schon ein guter Weg. Wir sind in einer Zeit, die gefroren ist in der Entscheidung und die Entscheidung liegt bei euch.

Und diese Entscheidung entsteht dadurch, dass wir erkennen, wo wir sind und uns nicht verstricken in diesem Äußeren. Das ist die Chance, die wir haben. Zwei große Chancen bieten sich, zwei Dinge kommen übereinander und das ist der Moment, den es in der Menschheit noch nicht gab und der für uns den großen Quantensprung bilden kann. Die offene Gesellschaft, wie sie verteidigt wurde von Sir Karl Popper, von Helmut Schmidt, von Demokraten hier in Deutschland, in Europa, auf der ganzen Welt. Humanismus, die offene Gesellschaft eben auf der einen Seite und jetzt neu hinzu die offene Spiritualität. Niemand wird als Ketzer verfolgt. Jeder kann auf seine Art und Weise das Heilsame suchen. Auf seine Art und Weise selig werden. Ein Vorbild auch der alten amerikanischen Kultur, der Unabhängigkeitserklärung der Amerikaner. Dieses Vorbild ist immer noch da. Beides kommt zusammen und beides ist die große Chance für uns.

Aber der Blick geht im ersten Moment nicht nach außen, sondern es geht nach innen. Wer sind wir? Wer bin ich? Wer bin ich, das ist der Mensch. Wer sind wir, das ist die Gemeinschaft. Und wo geht der Weg hin? Das ist die gegenwärtige Geschichte. Und alles drei ist in einem Fluss, in unserem Geist, vorhanden. Und alle von euch, die Verantwortungsträger sind im Kleinsten und im Größten. Ob ihr ein Bild malt, Kinder erzieht, Führungskräfte eines Unternehmens seid, als Journalisten tätig, als Ärzte, wo auch immer, sind in diesem Dreiklang. Letztlich jeder Mensch, der Verantwortung für sich selber übernimmt. Aber die Voraussetzung ist zu erkennen, die Illusion zu durchbrechen und da kommt auf einmal der Osten. Der Westen hat einen großartigen Weg geschaffen, der angefangen ist aus der Polis der Griechen, der Demokratie, der alten Renaissance, die daraus entstanden ist, der Aufklärung, Kant… Freiheit und Wissenschaft im rechten Maße benutzt, aber alleine ein Selbstzweck, der nicht ausreicht.

Und jetzt kommt der Osten und zeigt den Menschen den inneren Weg und dieser ist nicht außerhalb, er ist nicht in Büchern, er ist nicht in Riten und Regeln so sagt das Zen. Der Buddha gibt Mahakashyapa das Herz Dharma, das unabhängig ist von Riten, Regeln und Büchern, von Ideologien vor allem, von Menschen, deren Herz scheinbar Liebe predigt, aber in Hass handelt.

Ihr seid gefordert. Wenn ihr es schafft zu erkennen, dass ein Glas Wasser köstlichster Wein ist... Aber noch sind wir so weit entfernt davon. Trotz offener Gesellschaft, trotz offener Spiritualität, trotz dieser großen Chance sind wir verstrickt. Verstrickt in einem hektischen Handeln, einem Müssen und Sollen, keine Zeit, Minimum an Energie, das Ki ist nur noch im Kopf, die Lebensenergie ist in Disharmonie.

Aber auch diejenigen, die scheinbar spirituelle Wege suchen, sind ebenso verstrickt. Die Esoterik entgleitet zu einem Klub der Selbstgefälligkeit von selbst erhöhten Menschen; und die wenigen, die eine Erfahrung machen, können sie nicht in die Welt bringen. So kommt es zu einem neuen Konflikt zwischen tiefer Erfahrung, Herzeinsicht, Mitgefühl auf der einen Seite und einer scheinbar so chaotischen, mannigfaltigen, harten, ja politisch geradezu bedrohlichen Welt auf der anderen Seite.

Daishen Zen versucht hier eine Mitte zu gehen, eine Brücke zu bilden, die diese Dinge verbindet und an erster Stelle bei euch anfängt. Das Öffnen der inneren Mitte als Beginn des ersten großen Meilensteines, was man in Japan Hara nennt: die Erdmitte des Menschen. Eine kleine Orientierung im Chaos angesichts von Depression, angesichts von chaotisch mannigfaltigem Handeln, was fast einem den Atem nimmt. Eine kleine Mitte der Stille. Dieser Weg existiert, dieser Weg ist heilsam und dann die Erfahrung der eigenen inneren Harmonie, der Geschmack von köstlichstem Wein, der Sonne des Lichts, des Erbes, das ihr seid durch die Versenkung, durch Samadhi. Noch hat es keinen Bestand, noch ist es wie eine Pflanze, ein Blümchen im Schnee, aber eine erste Idee. Ihr macht die Erfahrung von Erleuchtungsgeist, auf einmal könnt ihr sagen, die Sehnsucht hat ja ein Gegenüber, es gibt einen Weg. Und der ist nicht außerhalb, das ist kein alter Mann mit Bart, das ist nicht dieses Buch oder jenes oder die oder jene Fahne. Nein. Es ist in mir. Ein heller leuchtender Pfad, der jetzt immer noch sich wieder auflöst und in Dunkelheit auch Verzweiflung hervorruft und da ist Seisei.

Seisei ist völlig verzweifelt, sagt er. Kannst du ihm Unterstützung geben? Bitte. So kommt er zu seinem Meister. Bitte unterstütze mich, ich bin verzweifelt. Natürlich sind wir verzweifelt angesichts des Chaos in dieser Welt, das im Moment noch nicht sichtbar ist, aber immer mehr spürbar. Angesichts des Chaos in uns selbst müssen wir mal innehalten - und angesichts dieses unglaublichen Geschmacks von Herzweisheit in uns, das ja überhaupt kein Gegenüber hat in dieser Welt mit ihren harten Regeln. Er ist verzweifelt - und der Meister sagt: Seisei, hey!“ Aber er hört es nicht, er hört es nicht, er hört das Dharma nicht.

Und deshalb sagt er: „Du hast köstlichsten Wein getrunken, aber du sagst deine Lippen sind nicht mal befeuchtet.“ Wir leben in einem Paradies oder ich sage vielleicht für viele, in einem möglichen Paradies. Zumindest leben wir in einer großen Chance und alle die Menschen, die in der Lage sind in einer offenen Gesellschaft zu leben und in der Lage sind einen Weg offener Spiritualität zu gehen - was durchaus nicht alle können, so weit sind wir wahrlich noch nicht; das wäre großartig, aber es können mehr denn je - sind verpflichtet gerade den anderen gegenüber, den anderen Menschen, ja und allen Wesen und der großen Natur gegenüber diesen Weg zu gehen.

Wenn ihr euch selber rettet, rettet ihr die Welt. Das ist die Botschaft des Ostens und das Daishen Zen fügt hinzu, ja aber nicht nur auf dem Sitzkissen, sondern es fordert auch einen Weg in die Welt hinein. Der Mensch muss sich befreien, entdeckt die Gemeinschaft, die Sangha. Und daraus entsteht ein großes Herz, aber auch eine tiefe Erdung, das handlungsfähig macht, unerschütterlich und uns hineingeht in die Welt, mit dieser Helligkeit. Jeder einzelne. Hunderte von Lichtern, Tausende von Lichtern, die zurzeit entstehen, die alle nicht wissen voneinander. Besondere Kinder die geboren werden mit besonderen Fähigkeiten zurzeit. Es gibt so ein schreckliches Wort in der Esoterik: Indigo-Kinder. Mit unglaublichen haarsträubenden Büchern, dabei ist ein Kern der Wahrheit dort.

Da entsteht eine Gemeinschaft. Auch viele Politiker spiegeln heute schon so eine Idee. Ich will keine Namen nennen. Aber es ist nicht nur eine Zeit der Dunkelheit.

Und dann kann etwas passieren durch euch, dass sich diese Funken verbinden. Das ist etwas ganz Konkretes. Und ehrwürdige Dharma-Brüder, andere Zen-Meister, die sagen, ja es ist nur das Feld dieser Einheit notwendig, eine gewisse Menge das reicht nicht aus zum Daishen Zen. Es muss aktiv in die Welt getragen werden. Das ist Zen. Absolutes Samadhi, absolute Erfahrung im Sitzkissen. Köstlicher Wein. – Ooh! Ein Atemzug. Köstlich. Lebenshauch. Leben köstlich. Durch Hara, durch euren Weg, auch dann wenn ihr krank seid, auch dann wenn es euch schlecht geht. Mitten in der Verzweiflung, in der Bedrängnis bleibt dieser Ton dieser Köstlichkeit, dieses Licht, diese Helligkeit, dieser Geradlinigkeit in euch. Das ist Dharma Tiefe, Daishen Zen. Geerdetes Herz, geerdete Einsicht - nämlich in der Welt.

Gemeinschaft, Einheit und dann die Veränderung unserer gegenwärtigen Geschichte. Das ist unsere Chance, die wir haben. Angesichts unglaublicher Herausforderungen, die ihr alle kennt. Wir wissen es.

Seisei ist verzweifelt, weil er was erreichen will und erkennt nicht, dass Buddha, Dharma, Sangha - europäisch ausgedrückt: Die vollkommene Freiheit in euch selbst, Dharma: das Wissen durch Lehrer und durch die Tradition und durch Sangha, durch wunderbare Menschen und Freunde - vor uns liegt. Es ist da. Jetzt. Jetzt.

Trotzdem müssen wir uns anstrengen, trotzdem üben wir, trotzdem versuchen wir uns zu entwickeln, trotzdem empfinden wir Widerstand. Warum? Auf dem Weg Mensch zu werden, wahrer Mensch zu werden, was die Daishen Zen Übersetzung ist für Buddha, für Buddha Natur, begegnet uns der Widersacher. Es ist kein personifizierter Teufel oder Mara, sondern das ist eine karmische Konstruktion, die die gleiche Intelligenz hat wie wir, die uns einfach aus dem Karma in der ewigen Wiederkehr des Gleichen zwingt. Und zwar immer wieder in die gleiche Unheilsamkeit einzusteigen.

Friedrich Nietzsche hat es schon erwähnt: Die ewige Wiederkehr des Gleichen, die die höchste Herausforderung ist, die keiner aushalten kann. Aber das Zen durchbricht sie durch das Erkennen der Leerheit. Dieses immer wiederkehrende ist der Widersacher. Deshalb empfinden wir das Sitzen als anstrengend. Es ist nicht anstrengend. Meister Pai-Chang sitzt auf dem Reckenberg, er ist eine reine Sonne und ob er eine Stunde oder Tage oder Monate sitzt - es ist reine Sonne.

Es ist euer Widersacher - Verzweiflung, Ergebnislosigkeit, Anstrengung, Strenge entstehen durch ihn und ihr müsst ihm entgegen treten, denn er ist genauso stark wie ihr. Er ist erst mal genauso stark wie ihr, sonst wäre die Welt voller Heiligen. Und es ist bedauerlicherweise so, dass es eben nicht so ist, wie sich die Wellness-Esoteriker in ihrer freundlichen Beliebigkeit vorstellen, dass man irgendetwas macht, ein Buddha an die Wand, ein Blümchen hier, ein wenig Räucherstäbchen, fünf Minuten Meditation nach Methode A, dann mal wieder wie eine Biene zu einer anderen Blüte. Das funktioniert nicht. Das macht der Widersacher alles mit und erzählt dir, du bist fast erleuchtet, ja, du bist weiser als andere. Die Helligkeit ist in dir. Großartig, großartig. Du bist ein toller Mensch, ja, du bist ein guter Mensch.

Was ist denn das schlimmste auf der Welt? Ein spiritueller Mensch, der denkt, er ist gut. Was für bösartige Dinge sind dadurch in den letzten tausenden Jahren entstanden? Und auch heute auch noch. Wo ist denn der Unfrieden auf dieser Welt? Wo sind Kriege? Wer macht denn hier Stress? Schaut sie euch genau an. Der Widersacher geht mit euch mit. Es gibt nur eine Waffe, ihn zu besiegen, ihr müsst anhalten. Mehr ist es nicht.

Natürlich das Sitzen auf dem Kissen, da gibt es den Lehrer mit vielen Übungen und Zen-Trainer die einem Ideen geben und das ist richtig so. Das sind nur didaktische Wege, dieses Stille zu halten, Aber wenn ihr in dieser Stille bleibt, dann wird er Dinge auffahren. Er wird Heere gegen euch schicken. Knieschmerzen ist das Geringste. Ihr seid viel zu gut, ihr habt es gar nicht nötig, zu sitzen. Wir machen so einen Zen-Workshop im Kreis und dann machen wir ein bisschen dies und das. Oder überhaupt gar nicht, ich meditiere sowieso immer wenn ich jogge. Auch beim Nintendo spielen habe ich tiefe Meditation. Fernsehen sowieso. Vollkommene Einheit. Ich denke gar nicht beim Fernsehen.

Leider nicht. Ihr müsst anhalten. Es ist ja nicht nur Zen. Ob wir Yogis begegnen, die monatelang auf einer Stelle sitzen oder die Tibeter im Schnee. Da sind wir ja noch die freundlichsten, wir sind nur diszipliniert und haben eine gute Didaktik. Aber unsere Dharma-Brüder, da sind wir doch soft gegen im Zen. Sowieso hier sieben Tage sitzen bei kuscheliger Raumtemperatur, nicht wie die Mönche im Osten, keine Fenster oder gar in Tibet mitten im Schnee oder die Yogis, die nicht mal aufstehen. Und denkt nicht, dass in der christlichen Tradition ein Streichelzoo ist. Guckt euch den heiligen Benediktus an, guckt euch an, wie wirkliche Vorbilder des Christentums - ich sage euch ja immer, die christliche Mystik hat eine große Tiefe, dort sind interessante Menschen - guckt euch doch an, was die für Wege gegangen sind. Die waren auch verzweifelt. Und das große Vorbild des Christentums, die Wurzel Jesus Christus, der Weg, was hat der mit Esoterik-Beliebigkeit zu tun? In die Wüste zu gehen. Was macht er denn da? Er stellt sich Mara, er stellt sich dem Widersacher. Hier haben wir wieder ein Vorbild, der das gleiche tut, aber keiner hört da drauf. Buddha und Jesus sind in dieser Stelle unglaublich eins, sie sind einen sehr ähnlichen Weg gegangen. Dadurch unterscheiden sie sich von allen Religionen. Sie waren auch beide verzweifelt. Haben sich gestellt und sind durchgegangen.

Diese beiden Dinge stellen sich euch entgegen und hindern euch, diesen köstlichen Wein zu spüren, zu ertasten, zu viel und zu wenig. Hektische Verstrickungen im scheinbar erfolgreichen Außen oder ein zusammenbrechendes, mangelndes Selbstwertgefühl. Das sind die beiden Hauptwaffen.

Ihr bleibt aber einfach sitzen, Gefühle sind leer im Zen, der Körper ist leer, Gedanken sind leer, alles wird durchscheinen. Alle Wolken der Verstrickung werden transparent und der Blick, der die ganze Zeit auf die Wolken geht, lenkt sich durch euer Anhalten, durch eure Stille auf die kleinen Löcher dazwischen auf den blauen Himmel.

Köstlicher Wein, die Wolken brechen auf, blauer Himmel, der Regen ist zu Ende und - helle offene Weite. Ihr spürt Erleuchtungsgeist. Es gibt einen Weg. Und irgendwann, nach einer Zeit in dieser blauen unendlichen Weite entdeckt ihr schlagartig plötzlich eine unendliche goldene Sonne drinnen. Ein unendliches Herz, das euch durchflutet mit warmer Liebe. Aus euch heraus schattenlos strahlt in die tiefsten Weiten des Universums. Alles klärt, alles öffnet. Herz, großes Herz, Daishen Zen, Freiheit, köstlichster Wein. Es war immer da, dieses Herz. Seit Anbeginn aller Zeiten. Jetzt in diesem Moment. Jetzt leuchtet diese Sonne, sonst würdet ihr nichts sehen. Alles was ihr spürt, alles was ihr seht ist die Reflexion dieser Sonne. Wenn ihr Licht seht, ja, die Sonne, das Sonnensystem selbst, ist nichts weiter als die Reflexion der Sonne eures eigenen Herzens.

Tiefe Erdung, offene Weite eines unendlichen Herzens, und euer Weg als Mensch beginnt.

Wunderbar. Jeder Atemzug. Köstlicher Wein. Ob Mühe oder Freuden, mehr und mehr eine tiefe Linie inmitten des Chaos. Ihr werdet die Fackelträger einer neuen Zeit, durch euch selbst, aus euch selbst. Licht und hell. Voller Freude.

Stille … Güte. … Liebe. … Freude. Tief geerdete Gelassenheit. …

Jetzt könnt ihr aufstehen von eurem Sitzkissen und in die Welt hineingehen und die Welt wird sich vor euch mehr und mehr verändern. Es gibt eine tiefe Beziehung zwischen euch und Welt, weil es eure Welt ist. Erforscht euch, haltet an.

Tägliches Zazen. Öffnung der drei Meilensteine des Daishin. Stille. Auch angesichts des Widersachers.

Stille.

Das, was ihr nicht seid fällt ab, das, was ihr seid leuchtet auf.

 

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